Tauchen in der Ostsee!

Tauchen in der Ostsee lohnt sich - obwohl Tauchen in der Ostsee für viele nicht gerade der Hit ist. "Kann man denn da überhaupt Tauchen? Die Ostsee ist doch viel zu kalt und trüb."

Natürlich kann die Ostsee mit den tropischen Meeren nicht konkurrieren, aber sie hat gerade für Menschen etwas zu bieten, die gerne genauer hinschauen, an der Natur und Ökologie interessiert sind und für die Menschen die sich an Wracks erfreuen können hat die Ostsee jede Menge zu bieten.

Wracktauchen in der Ostsee

So könnte ein Tauchgang beim "Wracktauchen" aussehen!

Aus dem Ruderhaus kommt das "Signal", der Skipper stößt einen knappen und unmissverständlichen Befehl aus: "Ab". Das etwa zehn Kilogramm schwere Grundgewicht stürzt an der Bordwand hinab in das grüne Kattegatwasser. Sofort verschwindet das Gewicht in der Tiefe, die weiße, fingerdicke Leine hinter sich herreisend. Wie eine wild gewordene Schlange tanzt das aufgeschossene Seil auf dem Deck und verschwindet Schlinge um Schlinge über Bord. Bevor die letzten Meter über die Bordwand verschwinden wirft der Helfer die leuchtend rote Signalboje, welche am Ende der Leine befestigt ist, mit kräftigem Schwung hinaus.

Wenig später kreist das Schiff um die Boje. Sie liegt an Steuerbord querab und wird von der Strömung leicht in Richtung Ostsee gedrückt, als aus dem Ruderhaus erneut ein Signal gegeben wird „Ab“ ruft der Skipper und das zweite Grundgewicht stürzt an der Bordwand hinab in das grüne Kattegatwasser. Auch dieses verschwindet rasch in der Tiefe, die fingerdicke Leine hinter sich herreisend. Auch hier ist am Ende eine Signalboje befestigt, welche zum Schluss mit einem kräftigen Schwung hinausgeworfen wird.

Der Skipper ruft uns nun einzeln zu sich an Ruderhaus und nun können wir es erstmals sehen „das Wrack“ ! Auf dem Bildschirm des Grafik- Echolots zieht über den ebenen Sandboden ein kantiger, dunkler Hügel vorbei. Etwa fünf Meter erhebt er sich vom Boden, also in ungefähr zwanzig Meter Tiefe beginnen die Aufbauten, da die Ostsee an diesem Ort ca. fünfundzwanzig Meter Tief ist. Der Skipper dreht noch eine Runde über das Wrack und zeigt uns das die eine Boje fast ganz vorne am Wrack liegt und die zweite am Heck! Besser hätte er die Bojen nicht setzen können. Das Land ist in einiger Entfernung zu sehen. Vor gut fünfzehn Minuten sind wir am Strand durchs flache Wasser an Bord gegangen und haben uns unserer Geräte entledigt und sie in die dazugehörigen Gestelle gestellt und nun sind wir da bei „unserem“ ersten Wrack an diesem Tag!

Wir haben an diesem Tag praktisch keinen Wind, nur hin und wieder streicht ein leichter Hauch über die blaugrüne Wasseroberfläche und versetzt ihr eine leichte Gänsehaut. An Bord werden die Geräte wieder angelegt, aber bei ca. 6- 8 Personen kommt an Deck kein Gedränge auf. Über das Wrack hat uns der Skipper beim Briefing schon einiges berichtet und uns auf einige Besonderheiten hingewiesen. Auch was die Ursache des Untergangs angeht wusste er einiges zu berichten.

Die Sonne brennt heute besonders ungehindert auf uns nieder. Wir tauchen in drei Gruppen von jeweils zwei Personen. Ich werde, da mein Buddy und ich Trockentauchen, einer der ersten sein und lasse deshalb auch sofort meinen Trocki schließen. Nachdem der Reißverschluss geschlossen ist, wünsche ich mir nur noch schnell, in das herrlich kalte Wasser springen zu dürfen.

Nachdem das erste Buddy- Paar fertig ist dreht der Skipper eine Runde in Richtung der Boje. Als die Boje seitlich am Bootsrumpf ist ruft uns der Skipper zu „raus“ und wir springen hinten von der Taucherplattform ins Wasser. Das Signal kam genau im richtigen Moment den nach einem Rundblick kann ich feststellen, wir sind genau neben der Boje „klasse“.

Mit der Hand halte ich mich an der Leine unter der Boje fest, atme kurz durch und warte bis auch mein Buddy an der Leine ist und mir das OK Zeichen zum Abtauchen gibt.

Ich entleere mein Jacket, und Anzug und sacke die ersten Meter unter die Wasseroberfläche. Lichtgrün, gelbbräunlich fällt von oben die Sonne herab. Die Leine verschwindet im leichten Bogen unter mir im tiefen Schwarz. Ich befülle Jacket und Anzug leicht und sacke nun langsam ins schwarze nichts, die Leine immer zwischen zwei Finger. Die flirrende Sprungschicht habe ich zwischen 8 und 10 Metern lange hinter mir gelassen, als vor mir ein dunkler Schatten auftaucht. Unter mir erkenne ich schemenhaft den gelblichen Grund. Daneben erhebt sich der Stahlkoloss. Fast senkrecht erhebt sich der eckige Klotz mit einer Bordseite wie in den Boden gerammt. Ich befinde mich seitlich vom Rumpf, Bug und Heck kann ich nicht erkennen.

Mein Tauchpartner ist ebenfalls angekommen und wir schwimmen nach links auf etwa halber Wrackhöhe los. Es sind nur etwa zehn Meter bis wir zum Oberdeck herum tauchen. Nachdem wir es umrundet haben tauchen wir nach vorne und lassen uns in den offenen Laderaum sinken. Dort wird es wieder dunkler und ohne unsere Lampen, die uns schon sehr nützlich waren, wären wir hier aufgeschmissen und könnten gar nicht sehen. Wir tauchen nun zum Bug und verlassen dort den Laderaum. Wir machen uns daran das ganze Wrack einmal zu umrunden um überhaupt die ganze Größe mal wahrzunehmen. Der Bug hebt sich nur etwas aus dem Schlick! Seitlich sieht man auch warum das Schiff gesunken ist.

Deutlich erkennt man den Schaden den das Schiff bei der Kollision davon getragen hat und der schließlich zum Untergang führte. Weiter geht es auf halber Höhe an der Bordwand entlang, mal einige Meter auf und ab um irgend etwas genauer zu untersuchen.

Jede Menge Krebse und Seenelken haben sich an dem Wrack angesiedelt und erscheinen im Lichtkegel der Lampe. Aus historischer Sicht ist dieses Wrack sicherlich eher eines der Langweiligsten in dieser Gegend, keine Schlacht hat es geschlagen, keine Schätze transportiert und keine historischen Häfen gesehen. Dennoch wirkt es imposant wie es dort Kerzen gerade im Dunkeln liegt. Am Ende angelangt neigt sich die Nullzeit dem Ende entgegen, an der gen Oberfläche deutenden Bordwand schwimmen wir in Ruhe zur vorderen Bojenleine zurück. Langsam beginnen wir nun den Aufstieg, bis zu einer Tiefe von fünf Meter dort legen wir einen Sicherheitstopp von drei Minuten ein!

Auch hier ist die Strömung minimal, einige der Ohrenquallen driften dicht unter dem Wasserspiegel mit trägen, pumpenden Bewegungen über meinen Kopf hinweg. Lichtstrahlen tanzen um mich herum und plötzlich befinde ich mich wieder in einem anderen Element, fremd im ersten Moment. Das lichte Grün weicht strahlendem Blau und heben mich die rollenden Wellen im Takt. Während ich noch das Jacket fülle, hallte ich Ausschau nach dem Schiff. Der helle Rumpf schiebt sich bereits langsam, aber bestimmt auf die Boje zu. Da kaum Strömung herrscht, lösen wir uns nacheinander von der roten Boje und bewegen uns dem Schiff entgegen. Nacheinander watscheln wir mit plumpen Schritten die Eisensprossen hinauf und klettern unbeholfen ins Boot. Die anderen Taucher fragen uns bereits nach Erlebnissen und bereitwillig berichten wir in kurzen Sätzen, während wir damit fortfahren uns der plötzlich so schwer gewordenen Ausrüstung zu entledigen. Kurz darauf nimmt das Schiff fahrt gen Boje auf und die nächsten zwei Gestallten klettern schwerfällig an Bord.

Aber zu diesem Zeitpunkt lehnen wir uns bereits zurück und genießen die Sonne, während wir im Kopf nochmals das Wrack abtauchen.

Ich hoffe mit diesem Bericht konnte ich dem Vorsatz „Kann man denn da überhaupt tauchen?“ etwas Entgegensetzen und mitteilen, dass es doch geht und sehr schön sein kann, das „Tauchen in der Ostsee“!

Interesse?

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